Fachkräfteaustausch Tansania
Seit 2022 findet ein Austausch von Fachkräften der Jugend- und Sozialarbeit aus Lübeck und Mwanza (Victoria-See-Regio, Tansania) statt.
Wir veröffentlichen hier in unregelmäßigen Abständen lesenswerte Berichte der Teilnehmer:innen.
Tansania Mai 2025
Bericht von Til Klass, BFDler beim Lübecker Jugendring e.V.
Ich wurde frühmorgens bei mir zu Hause von Chiedu, Laura und Saskia abgeholt und zum Flughafen gebracht. Beim Flughafen habe ich dann Niels, Josephine, Susanna, und Eike getroffen und wir sind nach Dubai los. In Dubai angekommen haben wir uns schon mehr miteinander vertraut gemacht und sind dann 7 Stunden nach Daar-es-salam geflogen von wo wir ziemlich schnell den letzten Flug nach Mwanza genommen haben.
Dort angekommen wurden wir von Esther abgeholt und zu den Charming-Bungalows unserer ersten Unterkunft gebracht, wo wir erstmal gefrühstückt und danach die meisten kurz geschlafen haben.
Am Abend sind die ersten los um die Gegend zu erkunden und wir haben nette Menschen aus Mwanza getroffen, mit denen wir in einer Bar ins Gespräch kamen und sind dann wieder zum Bungalow zurück sind.
Am 1. Tag unseres Programms waren wir in einer Organisation, die soziale Hilfe und Bildung für Schulen bietet und sind zusammen zu einer Schule gefahren, bei der wir mehreren Klassen beim Präsentieren ihres Programms zugesehen haben. Bei der Schule merkte ich das erste Mal wie fremd meine Hautfarbe in dieser Gesellschaft war und wie viele Menschen einen nur wegen seiner Hautfarbe anstarren. Anstatt jedoch (wie damals Umgekehrt) diskriminierend gegenüber meiner Hautfarbe zu sein, waren diese interessiert und aufgeschlossen was mich auf der einen Seite super gefreut und auf der anderen Seite nachdenklich gemacht hat. Trotz der Diskriminierung und Kolonialisierung durch unsere Vorfahren sind diese Menschen der geistlich-größere Mensch und haben keinen Groll mehr. Was mich noch nachdenklicher gemacht hat, weil es in Mwanza und ganz Tansania so schien als ob das Bild des Westlich-Weißen reichen Menschen das erstrebenswerteste ist und das obwohl sie Teil der Geschichte von Ausbeutung sind. Es muss den Westlichen Staaten so gut gelungen sein, ihre eigenen Prinzipien und Wünsche in dem Land umzusetzen und das obwohl sie verantwortlich sind wie die Menschen dort leben. Trotzdem schien es eine Art gute Grundmentalität zu geben in der jeder meinte, dass es ihm gut geht und auch so schien. Menschen schienen glücklicher als hier, und das Trotz der Umstände in denen sie und ihre Lieben leben. Das zu sehen hat mich sehr inspiriert und mir gezeigt wie undankbar wir Deutschen leben und wie viel Zeit wir damit verschwenden unglücklich zu sein.
Nach der Schule sind wir zu Esther nach Hause und haben zu Abend gegessen. Dabei hat ein Freund von Esther für uns alle gesungen und am Ende des Abends haben alle gesungen, einer der besten Abende im Nachhinein. Die nächsten Tage liefen fast genauso ab, wir haben viele Schulen und Kirchen besucht. Mit vielen Lehrern und Pastoren gesprochen und viele Dinge gesehen. Wir waren einmal zu Gast beim Bischoff und haben Masai-Tee getrunken. Am 4. Tag sind wir mit der Fähre zu der Insel Ukuwewe gefahren und haben dort den Bürgermeister und das Haus des Stammesoberhaupts gesehen. Abends haben wir noch getanzt und gegessen. Am nächsten Tag ging es zurück und für alle zu den Gastfamilien. Ich hatte das Glück Lewis einen 26-lährigen Architekten zu haben mit dem ich über gemeinsame Interessen und philosophische Fragen sprechen konnte. Seine Familie bestehend aus: Bruder, Schwester, 2 Cousinen, Onkel, Tante, Mutter, Oma. Alle waren sehr nett und haben mich herzlich aufgenommen. Am Sonntag den letzten Tag bei unseren Familien hatte Lewis Mutter Geburtstag und ich habe zum ersten Mal tansanische Geburtstagstraditionen miterlebt (Kuchen füttern, Singen). Montag ging es wieder zurück zu den Charming-Bungalows, es war schön die Gruppe wiederzusehen und die Geschichten aus den anderen Familien zu hören. In den wenigen freien Stunden bin ich auch alleine rumgezogen, habe liebe wie auch komische Menschen getroffen und bin mit Esther einmal in der Stadt shoppen gewesen. Die Stadt, der Verkehr, die Menschen waren alle so verschieden von Deutschland für mich aber in eine positive Richtung. Die Tierwelt hat auch nichts zu wünschen übriggelassen: Affen, Geckos, Vögel, Elefanten echt superschöne Tiere die in freier Wildbahn lebten. Etwas was ich in Deutschland sehr vermisse. Hunde an der Leine sind nicht zu vergleichen mit freiem Affen auf dem Baum. Am letzten Tag mussten wir früh um 5 Uhr zum Flughafen. Die Flugverbindungen zwangen uns am nächsten Tag zu einem langen Aufenthalt in Dar-Es-Salaam. Nur ein paar Eindrücke der Metropole passten noch in unsere Köpfe und so haben wir die letzte Zeit im Hotel verbracht und auf den Flug um 24:00 gewartet, wir hatten trotzdem tolle Gespräche, waren aber auch alle traurig wieder gehen zu müssen. Den Flug zurück haben die meisten geschlafen und in Deutschland angekommen habe ich sofort die Menschen in Mwanza vermisst, die so offen und herzlich dir gegenübertreten. Als Fazit muss ich sagen das echt jeder mal diesen Realitätswechsel machen sollte, weil man im Nachhinein mehr schätzt was man hat und hoffentlich versteht wieviel Zeit wir damit beschäftigt sind in so einem Luxusleben unglücklich zu sein.
Bilder von Til
Tansania Fachkräfteaustausch 2022
Fachkräfteaustausch - Sachbericht:
Internationale Jugendbegegnung in Tansania und Deutschland
12.11.2022 Vor der Abreise traf sich die Reisegruppe zum Vorbereitungsseminar, in welcher sich mit dem Verständnis von Partnerschaft, sowie dem Land Tansania intensiv auseinandergesetzt wurde.
14.11.2022 Nach Ankunft in Dar es Salaam verbrachte die Reisegruppe mit Nassoro Mkwesso einen Tag in Dar es Salaam, während auf den Weiterflug nach Mwanza gewartet werden musste. Diese Zeit nutzen wir für Austauschgespräche und besuchten das Nationalmuseum in Dar es Salaam.
15.12.2022- 17.12.2022 Nach dem Kennenlernen des Bischofs, der Struktur und einiger Mitarbeiter der „East Lake Viktoria Diocese (ELVD)“ ging es in Austauschgespräche mit dem Schulleiter und Lehrkräften der Lutheran Secondary School Mwanza, einer vor zwei Jahren in Betrieb genommene Schule der ELVD, welche der Reisegruppe die Pläne, Herausforderungen und Zukunftsvisionen der Schule vorstellten. In kleineren Gesprächsgruppen wurde sich zwischen Lehrkräften des Johanneums und Lehrkräften der Secondary School, dem Lübecker Jugendring, Mitarbeitern der Diocese, der deutschen NGO H.O.P.E und der tansanischen NGO F.I.S.H. über das zugrundeliegende Verständnis von Partnerschaft, über Ideen und Vorstellungen internationaler Jugendarbeit in schulischen oder außerschulischen Formaten, als auch über inhaltliche Schwerpunktthemen zukünftiger Austauschprogramme gesprochen. So bekamen alle Beteiligten einen Eindruck der Möglichkeiten und der Umsetzbarkeit angedachter Projekte. Zudem wurde ein Memorandum of Unterstanding unterzeichnet.
Ein besonderer Fokus lag dabei auf dem Austausch unter den Jugendlichen selbst. In einer kleinen Gruppe entstand eine Mindmap mit Ideen für gemeinsame Unternehmungen in Lübeck und in Mwanza, indem sich jeweils gegenseitig zahlreiche Fragen gestellt und gemeinsam Wünsche an ein Programm formuliert wurden. Zu den Programmideen für den Besuch der tansanischen Schüler in Deutschland gehörte dabei u.a. ein Besuch einer Industrieanlage und der Entsorgungsbestriebe in Lübeck, ein Museumsbesuch, das Kennenlernen des deutschen Schulsystems, eine Auseinandersetzung mit deutscher Geschichte und naturwissenschaftlichem Unterricht, sowie der Besuch eines Gottesdienstes. Zu den Ideen für den Besuch der deutschen Schüler in Tansania gehörte das Kennenlernen der tansanischen Traditionen, eine Auseinandersetzung mit tansanischer Geschichte, gemeinsamer Sport und Tanz. Beiden Seiten war es ein wichtiges Anliegen den Alltag der Partnerschüler miterleben zu dürfen, zusammen zu kochen, die Kleidungsstile kennenzulernen und Freizeit zusammen zu verbringen. Thematisch einigte sich die Schüler ziemlich eindeutig zunächst auf die Punkte „Klimagerechtigkeit und spürbare Auswirkungen des Klimawandels“ und „Gender equality – Rollenverständnisse in Tansania und Deutschland“ und „deutsch-tansanische Geschichte“.
19.11.2022 Die Reisegruppe besuchte den 10 Bootsminuten von Mwanza entfernten Nationalpark Saanane Island im Lake Viktoria, auf welchem Tiere in freier Wildbahn und teilweise in eingezäunten Gehen ähnlich zu besichtigen waren. Dieser Besuch erfolgte unter der Fragestellung, ob man dies auch mit einer Schülergruppe unternehmen könnte, möglicherweise verbunden mit einem Campingerlebnis.
20.11.2022 Die Reisegruppe besuchte den Sonntagsgottesdienst der „Igoma Lutheran Parish“ in Mwanza, der Partnergemeinde der Lübecker Melanchthon-Gemeinde, um Grüße zu überbringen und an bestehende Partnerschaften zwischen den Städten anzuknüpfen.
20.11.2022 Zur Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte besuchte die Reisegruppe das Gunzert House. Dieses wurde 1912 für den deutschen Bezirksamtmann Theodor Gunzert auf einem Hügel im Zentrum Mwanzas erbaut und 1995 renoviert, sodass es heute eine Ausstellung zur Kolonialzeit in Mwanza zeigt.